8/19/2011

37 aufregende Wochen



86,6 Kilogramm zeigt die Waage - die Schuhe vorher ausgezogen. Ich überlege kurz... Hm, tatsächlich: so schwer war ich vorher in meinem ganzen Leben noch nie. Wer aber auf meinen Bauch schaut, erkennt, dass es sich bei den gewonnenen Pfunden nicht um bloße Speckröllchen handelt. Vor 37 Wochen wog ich noch genau 74,7 Kilo - alles exakt dokumentiert und nachzulesen in meinem Mutterpass.

37 Wochen, von denen sich einige quälend hinzogen, andere umso schneller vergingen. Zeit, einmal inne zu halten und die bisherigen neun Monate Schwangerschaft Revue passieren zu lassen:


Woche 5:

Lars hat Geburtstag. Am nächsten Tag bringen wir unseren Übernachtungsgast Fredel zum Bahnhof. In der U-Bahn wird mir schlecht. Was Falsches gegessen habe ich nicht - da bin ich mir ganz sicher.
Die Übelkeit verschwindet auch in den nächsten 3 Monaten nicht. Zwei Wochen später bin ich beim Frauenarzt und habe Gewissheit (es gibt sogar schon ein schnell pulsierendes Herz zu sehen).

Woche 6:
Das Ding in meinem Bauch nenne ich nur "Kotzbrocken". Wenn einem den ganzen Tag schlecht ist, macht eine Schwangerschaft keinen Spaß! Die Spuckschüssel hat einen Stammplatz neben meinem Bett, der Spuckbeutel in meiner Tasche ebenfalls. Mein Rekord: 3 Mal übergeben an einem einzigen Vormittag! Meine Rettung sind Pillen mit dem Namen "Nausema".

Woche 17:
Nach dem vierten Monat geht es mir besser. Die Übelkeit ist vollständig verschwunden. Ich nutze die Zeit, um eine Hebamme zu suchen. Die erste Kontaktaufnahme ist gar nicht so einfach. Wichtige Lektion: Gehe nie davon aus, dass eine Hebamme ihre E-Mails liest! Erwarte auch nicht, dass sie ihren Anrufbeantworter abhört.

Woche 18:
Da sich die Hebammensuche als beschwerlich herausstellt, schauen Lars und ich uns erstmal nach einem passenden Krankenhaus um. Das Marienkrankenhaus ist gleich um die Ecke vom Berliner Tor. Der Informationsabend findet in einer großen Runde statt. Wir sind pünktlich und bekommen einen Sitzplatz mit Getränken ab (die Apfelschorle schmeckt). Das sog. "Bonding" ist wichtig, erfahren wir hier. Das Kind wird direkt nach der Geburt der Mutter auf den Bauch gelegt. Alle Untersuchungen haben Zeit, bis sich die junge Familie kennen gelernt hat. Besuchszeiten gibt es auf der Wochenbettstation nicht, erklärt die freundliche Hebamme, aber es wird dringend davon abgeraten, sich Leute aufs Zimmer einzuladen. "Die zwei/drei Tage im Krankenhaus sind die Flitterwochen für Mutter und Kind. Dabei sollten Sie sich nicht stören lassen", so der Ratschlag der Geburtshelferin.

Ab Woche 21:
Ich habe ich das Bedürfnis, meinen Körper fit zu halten. In der Mittagspause recherchiere im Internet und finde einen Yogakurs speziell für Schwangere. Ich melde mich erst für sieben, dann für weitere sieben Woche an und fahre fortan jeden Dienstag pünklich mit der Bahn in die Hebammenpraxis nach Rahlstedt. Die ersten paar Stunden kommen mir noch sehr entspannend vor. Mit zunehmendem Bauchumfang werden aber auch die einfachsten Dehnungen anstrengend. Jetzt, in der 37. Woche, würde ich sagen, dass man das schon als richtig harten Sport bezeichnen kann.

Woche 22:
Zeit für den zweiten Ultraschalltermin bei Jule, der Frauenärztin. Schon nach wenigen Sekunden meint sie, etwas Verräterisches auf dem Monitor entdeckt zu haben. Es wird ein Junge! Lars freut sich sehr, ich natürlich auch. Ob er wohl blond, so wie Lars oder dunkelhaarig zur Welt kommen wird?

Woche 32:
Schon mehrere Schwangerschaftsbücher gelesen. Nun denke ich mir, ist es Zeit, für Fachliteratur. In der Zentralbibliothek leihe ich mir das Werk "Das Neugeborene in der Hebammenpraxis" aus. Sehr traurig: Es ist auch ein Kapitel über die Versorgung eines toten Kindes enthalten. Sehr richtig: Das fetale Alkoholsyndrom wird in aller Genauigkeit beschrieben. Die dort abgebildeten Fotos kranker Neugeborener sollten sich alle Schwangeren einmal ansehen, die Lust auf ein Gläschen zwischendurch verspüren!

Des Weiteren: Ich kann nur noch schlecht schlafen. Regelmäßig wache ich morgens um 5 auf und liege schätzungsweise 2 Stunden wach. Wenn ich um 7 wieder schlafen kann, bleibt mir nur eine Stunde bis um 8 der Wecker klingelt. Zum Glück beginnt bald der Mutterschutz. Dann mache ich jeden Tag meinen Mittagsschlaf.

Woche 33:

Antrag auf Elternzeit gestellt und bei Olli aus unserer Personalabteilung abgegeben. Der Plan: ich werde mich ein Jahr nur um das Baby kümmern. Meine Rückkehr ist für September 2012 geplant.

Woche 34:
Mein letzter Arbeitstag. Für die Kollegen bringe ich einen Russischen Zupfkuchen mit. Lars muss mich aus dem Büro abholen, da ich einen Pflanzenkübel zum Abschied geschenkt bekomme.

Woche 35:

Geburtsvorbereitungskurs am Samstag und Sonntag. Zwei weitere Pärchen sind noch anwesend. Die Hebamme zitiert Loriot, spendiert Kekse und zeigt uns dann anhand eines Teddys, wie sich ein Kind durch das Becken schiebt. Daumenregel: Wenn die Wehen begonnen haben, öffnet sich der Muttermund in jeder Stunde um einen Zentimeter. Ca. zehn Zentimeter braucht das Kind, bis es mit dem Kopf durchpasst.

Woche 36:

Die letzten Anschaffungen werden getätigt: Bettlacken, Regalbretter, Wickelauflage. Lars borgt sich von seinem Vater die Bohrmaschine, um alles fachgerecht anbauen zu können.

Des Weiteren: Lars muss vorsichtig mit mir sein. Es kann leicht zu plötzlichen Gefühlsausbrüchen in Form von Heulkrämpfen kommen.

Außerdem: Ich verfluche alle Getränke mit Kohlensäure! Selbst Medium-Wasser quält mich nachts.

Woche 37:
Kleine Spaziergänge gehören jetzt zur täglichen Routine. Ansonsten genieße ich es, Zeit zum Lesen zu haben. Aktuell gerade ein Buch über das Leben von Hannelore Kohl.

Jetzt heißt es nur noch: Warten. Mal schauen, wann sich der Kleine entscheidet, rauskommen zu wollen.

Was noch zu tun ist bis zur Geburt:

Fotos vom Babybauch machen, Klinikkoffer packen und alle Babyklamotten durchwaschen. Ob wir noch alles rechtzeitig schaffen, erfahrt ihr in den nächsten Wochen.

Das Bild oben stammt übrigens von dem Fotografen Ralph von Kaufmann. Die abgebildete Person bin nicht ich!

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